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Freitag, 11. Mai 2018

Weihnachten früher....


In meiner Jugend gab es noch Schnee.
Nicht ein paar Flocken für zwei Stunden, sondern über Wochen. Richtigen Schnee. Und das von November bis März.
Der wurde in der Stadt von den Fahrbahnen geräumt und am Strassenrand aufgetürmt.
Die Berge waren immer über 2 Meter hoch.
Also ideal für uns Kinder da runter zu rutschen.

Anfang Dezember war in der Müllerstrasse immer ein Weihnachtsmarkt aufgebaut. 
Unzählige Stände boten ihre Produkte an. 
Rauschgoldengel, Feigenmännlein, Lebkuchenherzen, kandierte Äpfel, heiße Kastanien, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und natürlich alles was man meinte dazu zu gehören.
Diese Budenstrasse, in einer Länge von ca. 6-800 Meter, stand am Straßenrand. 
Die Häuserfront war das Kaufhaus Hertie
(früher war es Tietz)
Jedes Schaufenster war etwa 3 Meter breit. 
Davon gab es dann ca. 10-12 Stück in der Reihe.
Das dollste nun war.
In allen Schaufenstern war eine Weihnachtsausstellung aufgebaut. Jedes Jahr.
Landschaften, Städte, Figuren und Tiere, alle bewegten sich.
Das war besser als alles andere was es früher da so gab.
Natürlich waren alle Schaufenster von Kindern den ganzen Tag  belagert.
Das war jedes Jahr so und gehörte dazu
Doch  zurück zum Jahr 1937/38 
(ich weiss es nicht mehr genau)

Auf dem Weddingplatz stand früher die Dankeskirche.
Eine richtig große Kirche. 
Vor der Kirche, in einem Dreieck eine Wiese, jetzt mit Schnee bedeckt.
Flankiert von der Müller- Reinickendorfer- und Fennstrasse.

Nun, da gab es auch den Verein: "Die Pankgrafen." 
Ein Verein der bis zum Jahre 1381 zurückreichte.
Die Panke ist ein kleiner Fluss der durch Berlin fließt.
In ihm, in dem Verein,  waren immer nur reiche Leute, die den Heimatgedanken und die Wohltätigkeit auf ihre Fahne geschrieben hatten.
Diese nun beschenkten, jedes Jahr zu Weihnachten,  bedürftige Kinder.
In diesem Jahr war auch ich einmal dran.

Auf diesem Kirchen-Vorplatz hatte man im Schnee Bänke und Tische aufgestellt.
Überall brannten unzählige Kerzen.
An denen nahmen jetzt die Kinder mit ihren Eltern Platz.
Bei den grösseren, wie mich, mussten die Eltern am Strassenrand stehen bleiben.
Immerhin waren es so immer an die 150 Kinder oder mehr.
Oben, auf dem Kirchturm, standen Posaunenbläser und spielten in den Nachthimmel Weihnachtslieder.
Alles sang mit. 
Ein riesengrosser Chor war das.
Wir Kinder hatten an jedem Platz eine grosse Tüte mit Süssigkeiten stehen. Dann gab es noch was warmes zu trinken und Lebkuchen.
Ein (oder mehrere ?) Weihnachtsmänner, begleitet von ihren Gehilfen,  gingen zu jedem Kind, sprachen es mit seinem Namen an und fischten aus dem  grossen Sack ein Geschenk heraus.  
Ich bekam einen grossen Steinbaukasten.
War auch mein Wunsch.
Ich weiss noch, das grösste Wunder für mich, 
als 11 oder 12 jähriger Junge war, woher wusste dieser Fremde wie ich hiess und was ich mir gewünscht hatte?????
Hatte mich noch  lange nachher beschäftigt. (grübel, grübel)

Anschliessend gingen wir nach Hause.
In allen Fenstern sah man die  mit Kerzen geschmückten Weihnachtsbäume hinter den Gardinen.
Ja, damals gab es noch Schnee 
(nicht nur dreckige Matsche für einen Tag) 
richtige Bäume aus Holz 
(nicht zusammenklappbar aus Plastik) 
brennende Kerzen 
(nicht elektrische mit totem Licht) 
Weihnachtsstimmung 
(nicht das absolvieren einer unangenehmen Pflicht was zu verschenken oder geschenkt zu bekommen) 
Es war eben Weihnachten!!! Basta!
Und all das, obwohl wir keiner Religionsgemeinschaft angehörten und auch  Nazis waren. 

Zu Hause wurde dann mal richtig sich satt gegessen.
Die Kerzen am Baum brannten, es war feierlich.
Zu diesen Tagen gab es auch nie Krach in der Familie.
(der kam gewöhnlich später)

Etwas schönes stand mir aber noch bevor.
Anfang Januar wurde der Baum ja wieder abgebaut.
Vorher aber noch geplündert.
Da hingen Plätzchen, Schokokringel und sonstiges dran.
Das Lametta und die Kugeln wurde einzeln abgenommen und bis zum nächsten Jahr sorgfältig verpackt.

Die nächsten Jahre fielen dann etwas anders aus.
Statt Weihnachtsbäumen in den Wohnungen, standen dann die Weihnachtsbäume das ganze Jahr, nachts, am Himmel.
Das waren die Abgrenzungen in denen die feindlichen  Bomberverbände, ohne zu zielen, wahllos ihre tödliche Fracht abluden ehe sie schleunigst wieder gen Engelland davon flogen.

Aber meine Weihnachtsbescherung vor der Dankeskirche habe ich bis heute nie vergessen.
Hat mich irgendwie berührt.



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